„Es wird sich nicht entschieden“
Über die wirtschaftliche Lage, Herausforderungen und Brüninghoffs Weg in die Zukunft
Interview mit Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Frank Steffens, Managing Director bei Brüninghoff (Heiden, Münsterland)
Mit welchen Herausforderungen hat die Branche aus Ihrer Sicht derzeit zu kämpfen?
Ein Megatrend, den wir nicht nur in der Baubranche deutlich spüren, ist der demographische Wandel – viele Jahre immer wieder thematisiert, jedoch oftmals nicht ernst genommen, betrifft er uns nun alle. Vergleichbar ist dies mit der Nachhaltigkeit. Auch hier müssen wir agieren und dürfen das Thema keinesfalls unterschätzen. Man sieht seit geraumer Zeit zwar überall Diskussionen dazu, allerdings münden diese allzu oft nicht in konkrete Handlungen.
Der allgemeine Preisverfall – zu teuer, zu ineffizient – stellt den Markt vor Herausforderungen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass wir im Winter mit einer höheren Arbeitslosenquote zu rechnen haben. Denn während die Kosten steigen, soll es zugleich günstiger werden. Bei vielen Unternehmen führt dies dazu, dass die Eigenkapitalausstattung sinkt und damit das Insolvenzrisiko steigt. Frühere Erfolgsbranchen wie der Automobilsektor stehen ebenfalls sehr unter Druck – das wird sich auch in absehbarer Zeit nicht ändern. Zudem gibt es Entwicklungen wie beispielsweise im stationären Handel, die sich nie wieder zurückdrehen lassen. Komplexere Rahmenbedingungen führen natürlich auch dazu, dass Investitionen derzeit vielleicht geschoben oder gar nicht getätigt werden. Schauen wir spezifischer auf das Unternehmertum, ist seit rund drei Jahren eine gesunkene Entscheidungsfreude festzustellen. Verlässlichkeit und Planbarkeit sowie Verbindlichkeit der Politik fehlen und führen dazu, dass Projekte aus der Akquisephase nicht in die Umsetzung gelangen. Das heißt: Für alle Marktbeteiligten wird der Planungshorizont kurzfristiger. Zudem ist zu beobachten, dass das Risiko geplatzter Finanzierungen steigt.
Wie reagiert Brüninghoff selbst darauf?
Wenn wir uns Projektentwicklungszeiten anschauen, kann man immer feststellen, dass diese einfach zu lang sind. Dann kann zu viel dazwischenkommen. Die Planbarkeit sowie zeitliche Komponenten sind also auch dabei wichtige Faktoren. Verkürzen und effizienter gestalten können wir dies, indem wir zunehmend als Totalunternehmer agieren. Dies kommt uns hier sicherlich bei der effizienten Gestaltung von Prozessen und Projektentwicklungszeiten deutlich zugute.
Ein weiterer Punkt: Brüninghoff hat in den letzten Jahren sehr viel investiert und ist in der vergleichsweise komfortablen Situation, dass diese Entscheidungen nun nicht zum jetzigen Zeitpunkt getroffen werden müssen, sondern eher der Druck da ist, diese zum Laufen zu bringen. Personell möchten wir den Status Quo erst einmal halten – das heißt, dass wir jetzt wahrscheinlich nicht im kommenden Jahr plötzlich 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben werden, auch wenn wir natürlich auf Erfolge reagieren und dann in diesen Bereichen mehr personelle Kapazität aufbauen – und eventuell an anderer Stelle dafür kürzen.
Wie sieht die derzeitige wirtschaftliche Lage in den einzelnen Geschäftsfeldern bei Brüninghoff aus?
Extrem divers. Denn hier ist die Unternehmensgruppe in sehr verschiedenen Märkten unterwegs. So verzeichnen wir beispielsweise eine hohe Nachfrage nach großvolumigen Projekten im Industrie- und Gewerbebau. Auch nehmen Logistikimmobilien zu. Der Markt für Produktionsimmobilien ist jedoch quasi eingebrochen. Grundsätzlich ist Brüninghoff in der Gebäudetypologie komplexer unterwegs – es werden weniger „Schuhkartons“ und mehr im Spezialsegment gebaut. Auch bedient die Unternehmensgruppe derzeit sehr viele Bestandskunden. Einen noch nie dagewesenen Akquisebestand sehen wir im Reitsportsegment. Hier gibt es auf der einen Seite eine Nachfrage – auf der anderen Seite ist diese Entwicklung auf vertriebliche Aktivitäten zurückzuführen. Auftraggeber sind hier sowohl Sportlerinnen und Sportler als auch Unternehmerinnen und Unternehmer. Marktanteile verloren haben wir im Bereich der Ladeinfrastruktur mit der Brüninghoff Energy Solutions. Hier findet daher eher eine Konzentration auf die Entwicklung von Fassadenlösungen sowie ganzheitliche Energiekonzepte statt.
Betrachtet man die Wertschöpfungskette aus Planen, Produzieren und Bauen, zeichnet sich auch hier ein sehr unterschiedliches Bild. So ist Plansite – das Planungs-Spin-Off von Brüninghoff – für den Rest des Jahres 2024 und für 2025 sehr gut ausgelastet. Die Planungsaufträge umfassen sowohl den Industrie- und Gewerbebau als auch mehrgeschossige Bauten. Inhaltlich ist es vor allem die Architektur und Tragwerksplanung, aber auch das Energiedesign. Der Anteil der gruppenbezogenen Aufträge ist hier wieder gestiegen. Doch auch die Zweit-Markt-Projekte spielen für Plansite eine wichtige Rolle, vor allem um den Bekanntheitsgrad am Markt zu steigern. Das Planungsunternehmen beteiligt sich erfolgreich auch an Vergabeverfahren in öffentlichen Ausschreibungen.
Und wie sieht die Situation in der Produktion aus?
In der Produktion muss ebenfalls auf die einzelnen Bereiche geschaut werden: Im Metallbau ist Brüninghoff voll ausgelastet. Marktschwankungen sind hingegen im Alubau zu verzeichnen. Da dieser Produktionsbereich bei Brüninghoff vergleichsweise klein ist, sind diese jedoch leichter zu verkraften. Die Unit der Holzelementeproduktion lief zu Jahresbeginn schleppend an, ist jetzt jedoch ebenfalls mehr als ausgelastet. Hier konnte Brüninghoff im umkämpften Marktumfeld Anteile zurückgewinnen, auch weil man sich personell neu aufgestellt und hier wesentliche Bereiche wie Arbeitsvorbereitung und Vertriebsleitung zentralisiert hat. Es ist zu erwarten, dass die stärkere vertriebliche Kraft im kommenden Jahr noch mehr zum Tragen kommt. Hier ist Brüninghoff somit wieder voll auf Erfolgskurs. Wesentlich schwieriger gestaltet sich die Lage in der Betonfertigteilproduktion. Die zeitliche Reichweite der Aufträge mit sechs Wochen Planungssicherheit ist noch nicht zufriedenstellend. Grundsätzlich herrscht hier in Deutschland derzeit eine Überkapazität am Markt. Das notwendige Marktvolumen für eine bessere Produktivität ist einfach noch nicht da.
Die aktuelle Zeit ist sicherlich für viele Marktakteure herausfordernd. Durch enge Partnerschaften und einen gewachsenen Stamm an Bestandskunden lassen sich diese Herausforderungen bewältigen. Zudem wurden bereits in der Vergangenheit unternehmerische Entscheidungen getroffen, welche die heutigen Entwicklungen antizipiert haben und frühzeitig das Unternehmen auf diese vorbereitet haben. Ein wichtiger Faktor ist dabei sicherlich, dass der Spagat zwischen Bodenständigkeit und Innovationsbereitschaft gelungen ist. Daher wird Brüninghoff auch in der Zukunft so agieren. Wir werden nicht nur auf sich ändernde Rahmenbedingungen angemessen und konsequent reagieren, sondern durch mutiges Handeln proaktiv Akzente setzen.
Neben Technischer Gebäudeausrüstung und dem Energiedesign ist Plansite vorrangig mit Architektur und Tragwerksplanung beauftragt. Foto: Plansite
Frank Steffens, Jahrgang 1979, studierte Wirtschafts-ingenieurwesen mit speziellem Fokus auf die Bauwirtschaft an der Fachhochschule Olden¬burg. Seit 2008 ist er dort Lehrbeauftragter mit Fokus auf Unternehmens¬prozesse und -organisation von Unternehmen mit Projektleistungstätigkeit. Nach dem Studium fokussierte er sich auf das Konzerncontrolling in verschiedene Branchen (Telekommunikation, Handel); seit 2008 ist er zudem beratend in der systemischen Organisationsentwicklung tätig. Ab 2009 ist Steffens in leitenden Positionen für das Familienunternehmen Brüninghoff aus dem münsterländischen Heiden aktiv – seit 2013 als Geschäftsführer sämtlicher operativen Gesellschaften der mittlerweile entstandenen Unternehmensgruppe. Sein Fokus liegt auf der strategischen Weiterentwicklung der Group zum Material-, Energie- und Digitalisierungsspezialisten.
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