Gemeinsam Innovationen schaffen
Dehoust und Nolde starten Kooperation für Grauwasseraufbereitung der nächsten Generation
Jedes Jahr verzeichnet Deutschland neue Hitzerekorde. Der sinkende Grundwasserspiegel sorgt für eine Verknappung der Trinkwasserbestände. Dennoch wird diese wertvolle Ressource beispielsweise genutzt, um Fäkalien die Toilette hinunterzuspülen. Ein deutliches Umdenken ist gefragt. Das Unternehmen Dehoust und Diplom-Ingenieur Erwin Nolde von Nolde – innovative Wasserkonzepte GmbH sind zwei Größen der Grauwasseraufbereitung. Gemeinsam wollen sie diese nun durch ein innovatives Plug & Play System nach und nach der breiten Masse zur Verfügung stellen.
Trinkwasser einsparen ist eine der wichtigsten, aber auch eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Dürreperioden und Ernteausfälle sind längst zur neuen Realität geworden. In Südeuropa häufen sich die Trinkwasserrationierungen. Auch Deutschland kennt Bewässerungsverbote. Noch erschreckender ist, dass der Wasserverband Stausberg Erkner (WSE) seit zwei Jahren Bebauungspläne im Berliner-Umland aufgrund der unzureichenden Trinkwasserversorgung blockiert. Eine Verschärfung der Lage ist ohne ein drastisches Gegensteuern nur eine Frage der Zeit. Eine Möglichkeit, den hausinternen Trinkwasserverbrauch zu senken, ist das Recyceln von Grauwasser. Dehoust hat mit der Neuauflage seiner GWtec jüngst seine Expertise in Sachen Grauwasseraufbereitung erneut unter Beweis gestellt. Doch es werden weitere Entwicklungen angestrebt. „Was uns täglich antreibt, ist die Frage, wie man die Grauwasseraufbereitung noch effizienter und nachhaltiger gestalten kann“, erklärt Andreas Bichler, CEO von Dehoust. Vor diesem Hintergrund kooperiert das Unternehmen jetzt mit einer weiteren Größe der Grauwasseraufbereitung: Diplom-Ingenieur Erwin Nolde. Seit Jahrzehnten steht das Ingenieurbüro Nolde – Innovative Wassersysteme GmbH für den nachhaltigen Umgang mit Trinkwasser sowie Wasseraufbereitung. Schon vor einigen Jahren entwickelte Nolde ein eigenes Aufbereitungssystem mit integrierter Wärmerückgewinnung sowie eine internetbasierte Softwarelösung zur Anlagensteuerung, -überwachung und -monitoring. Diese Lösung reinigt das Grauwasser mittels mehrstufigem Wirbelbettverfahren. Dehoust ist bereit, die künftige Realisierung derartiger Anlagen auf der Grundlage des Systems Nolde mit oder auch ohne Wärmerückgewinnung durchzuführen. Gleichzeitig wird das Leimener Unternehmen weiterhin auch die eigene Membrantechnologie vertreiben. Ziel der Kooperation ist es, gemeinsam auf Basis der Technologien beider Partner ein modular einsetzbares Plug & Play System zu schaffen und so einen breiteren Markt zu bedienen.
Chancen und Möglichkeiten
Die Kooperation ist ein klarer Gewinn nicht nur für die beiden Unternehmen, sondern auch für die Umwelt. Im Gespräch mit Andreas Bichler und Erwin Nolde erläutern die Experten für Wasseraufbereitung den Gewinn der Grauwasserverwertung für die knappe Ressource Trinkwasser:
Redaktion: Die von Ihnen entwickelte Grauwasseraufbereitungsanlage nutzt das Wirbelbettverfahren, während sich die GWtec Ultrafiltrations-Membrantechnologie bedient. Können Sie uns kurz die Unterschiede darlegen?
Erwin Nolde: Bei beiden Verfahren wird das Grauwasser zunächst rein biologisch behandelt, so dass nahezu alle biologisch abbaubaren Stoffe abgebaut werden. Dem mehrstufigen Wirbelbettverfahren ist dann anstelle der Membran ein automatisch rückspülbarer Sandfilter und eine UV-Desinfektion nachgeschaltet, was der Funktion der Membran weitgehend entspricht. Hinsichtlich der Wasserqualität sind beide Verfahren – richtig dimensioniert – gleichwertig. Eine gut durchdachte Grauwasseranlage zeichnet sich durch ihre Zuverlässigkeit und Langlebigkeit bei insgesamt niedrigen Betriebskosten im Praxisbetrieb aus – und nicht durch herausragende Werte unter kurzzeitigen Laborbedingungen mit synthetischen hergestellten Grauwasser, wie es bei einigen Zertifizierungen noch der Fall ist.
Redaktion: Derzeit kann das aufbereitete Grauwasser zur Speisung der Waschmaschine, der Toilettenspülung oder auch zum Gießen der Blumen verwendet werden. Sehen Sie zukünftig die Möglichkeit, auch Dusche oder Spülmaschine mit Grauwasser zu versorgen?
Andreas Bichler: Das Wasser für die Dusche und Badewanne sollte den hygienischen Anforderungen der novellierten europäischen Richtline über die Qualität der Badegewässer und deren Bewirtschaftung unterliegen. Mit unseren Anlagen übertreffen wir deren Anforderungen sogar. Auch die Spülmaschine könnte durchaus gespeist werden. Dem entgegen steht die Gesetzgebung, die in diesen Bereichen nur die Verwendung von Trinkwasser zulässt. Ein Umdenken seitens der Politik ist dringend erforderlich. Es gibt Länder auf dieser Erde, die froh wären, wenn sie unser Betriebswasser nutzen könnten.
Redaktion: In Südeuropa sind Wasserrationierungen längst gängige Praxis. Dürre und der dadurch sinkende Grundwasserspiegel lassen häufig keine andere Option offen. Auch in Deutschland überbieten sich die sommerlichen Hitzerekorde. Müssen wir unseren Umgang mit Wasser grundlegend überdenken?
Erwin Nolde: Ja natürlich – Trinkwasser ist unser Lebensmittel Nummer Eins und Lebensmittel gehören nicht in die Toilette. Wenn man bedenkt, dass ca. 70 Prozent des abgegebenen Wassers eines kommunalen Wasserversorgers in den Wohnbereich geliefert wird, wünsche ich mir schon lange, dass hier – ähnlich wie im Energiebereich – Trinkwassersparmaßnahmen zur Pflicht werden. Diese müssten klar in Bauordnungen oder Bebauungsplänen fest vorgeschrieben werden. Grauwasser als zuverlässige, sich ständig erneuerbare Wasserquelle liefert nach entsprechender Aufbereitung auch in längeren Trockenperioden immer ausreichend Betriebswasser für WC und Waschmaschine.
Werden neben Dusch- und Badewasser weitere Quellen genutzt, kann das Betriebswasser auch erfolgreich in Gewächshäusern zur Nahrungsmittelproduktion etc. eingesetzt werden. In dem vom BMBF geförderten Projekt Roof Water-FARM konnte gezeigt werden, dass das mit unserem Recyclingwasser produzierte Gemüse und sogar der Fisch von ausgezeichneter Qualität waren.
Redaktion: „Klimapolitik“ fordert eine deutliche Wende bei der Nutzung der Heizsysteme hin zu erneuerbaren Energien. Die Förderung von Grau- und Regenwasseraufbereitung ist nur in wenigen Landkreisen gängige Praxis. Wünschen Sie sich mehr Achtsamkeit der Politik gegenüber der Trinkwassernutzung?
Andreas Bichler: Ja! Ganz klar. Es ist an der Zeit, wenn nicht überfällig, dass die Politik die entsprechenden Vorgaben erschafft und zeigt, dass sie hinter dem Grauwasserrecycling steht. Es gibt bereits Länder, wie Frankreich, Chile und auch Spanien, welche die Wasserwiederverwendung vorschreiben bzw. in naher Zukunft vorschreiben werden. Vielleicht ist der Leidensdruck hier noch nicht groß genug, das sollte die Politik jedoch nicht erst abwarten.
Erwin Nolde: Bei Neubauprojekten konnten wir seit 2010 mehrfach zeigen, dass Grauwasserrecycling mit integrierter Wärmerückgewinnung hervorragend funktioniert. Da bei vielen Altbauten eine energetische Sanierung ansteht, sollte dieses Zeitfenster jetzt unbedingt genutzt werden. Denn wer jetzt neu baut oder saniert und dabei – insbesondere im Geschosswohnungsbau – kein Grauwasserrecycling mit integrierter Wärmerückgewinnung realisiert, begeht eindeutig eine Bausünde, die später – wenn überhaupt – nur mit deutlich erhöhtem Aufwand korrigiert werden kann.
Redaktion: Ihre Systeme ermöglichen dank Wärmerückgewinnung einen sehr energieeffizienten Betrieb. Das GEG mahnt an, dass neue Heizsysteme zu mindestens 65 Prozent regenerativ sein müssen. Kann die Grauwasseranlage zur Erfüllung dieser Auflage einen signifikanten Beitrag leisten? Und wenn ja, ist das bereits im Einfamilienhaus ein Thema, oder erst im größeren Objekt?
Andreas Bichler: Die Wärmerückgewinnung aus Grauwasser ist nicht zu unterschätzen. Hinzu kommt, dass es im Regelfall durchgängig verfügbar ist und nicht von äußerlichen Faktoren wie Wind oder Sonneneinstrahlung abhängt. Mit den neusten Technologien lässt sich hieraus ein erheblicher Beitrag zur regenerativen Wärmegewinnung erzielen.
Redaktion: Können Sie uns abschließend darlegen, welches Potential Sie zukünftig bei der Nutzung von Grauwasseranlagen für die Trinkwasserversorgung sehen?
Erwin Nolde: Allein die Toilettenspülung und das Wäschewaschen machen ca. 50 Prozent des Trinkwasserbedarfs aus, für beide Anwendungen schreibt der Gesetzgeber keine Trinkwasserqualität vor. Eigene hygienische/mikrobiologische Untersuchungen haben bereits in den 90er Jahren gezeigt, dass kein qualitativer Unterschied zwischen Wäsche, die mit Trinkwasser und Wäsche, die mit Betriebswasser gewaschen wurde, feststellbar ist. Zudem besteht insbesondere in den Städten ein enormer Bedarf an Bewässerungswasser, der durch zusätzliche Grundwasserentnahmen nicht gedeckt werden kann. Für das Grauwasserrecycling bedeutet dies, dass neben dem gering belasteten Grauwasser aus Badewannen und Duschen auch die deutlich höher belasteten Quellen aus Waschmaschinen und Küchen aufbereitet werden sollten, was mit dem mehrstufigem Wirbelbettverfahren bereits seit 18 Jahren erfolgreich praktiziert wird. Hier sind Einsparungen von über 50 Prozent möglich.
Bei Grauwasseranlagen setzt Dehoust auf mechanisch-biologische Filterung. Im ersten Schritt erfolgt die Grobfiltration. Danach werden organische Schmutzstoffe wie Duschgel oder Seife durch Abwasserbakterien aerobisch-biologisch abgebaut. Bei der Ultrafiltration reinigt der Membranfilter das vorbehandelte Grauwasser. Foto: Dehoust, Leimen
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